Hallo, Ihr lebenden, lieben Leute!
Am Freitag habe ich mich angemeldet und stöbere seitdem hier auf der Seite herum. Ich finde die Community sehr sympathisch - gleichzeitig fühle ich mich fast ein bisserl „fehl am Platze“.
Denn ich habe den Eindruck, diejenigen, die hier Schwierigkeiten mit ihrer Identität haben, sind solche Frauen oder Männer, die erst vor kurzem darauf gestoßen sind (oder sich ernsthaft eingestanden haben), dass sie bisexuell sind. Diejenigen, die es „schon lange wissen und tun“, gehen offenbar sehr offen damit um, und können ihre verschiedenen Neigungen anscheinend (von den praktischen Problemen abgesehen) ganz gut in einen „Einklang“ bringen.
Ich weiß seit über 35 Jahren, dass ich auch eine homosexuelle Seite habe.
Trotzdem bin ich nur heimlich „auch schwul“ und führe seit Jahrzehnten ein Doppelleben: Dass ich auch das gleiche Geschlecht erregend finde und sexuelle Kontakte zu Männern habe, weiß aus meinem alltäglichen Umfeld (fast) niemand.
Und ich erlebe meine Bisexualität keineswegs als „runde Sache“ - sondern als tiefe Gespaltenheit:
Romantik, Verliebtheit, Liebe, Beziehung … das gab und gibt es für mich nur mit Frauen. Ich hatte auch nur in diesem Zusammenhang Sex mit Frauen, ich habe auch nicht (naja FAST nie) das Bedürfnis nach „purem Sex“ mit einer Frau …
(Kleine Anmerkung, da es da oft Missverständnisse gibt: Ich verstehe unter „SEX“ jede intime Handlung, bei der sexuelle Erregung vorhanden und zumindest der Wunsch nach Befriedigung im Spiel ist, also auch gemeinsame und gegenseitige Masturbation, Petting, orale Lust …). Ich sage das, weil ich festgestellt habe, dass für viele „richtiger Sex“ nur vaginale und anale Penetration ist. Das ist für mich absurd …)
Umgekehrt hatte ich meine ersten sexuellen Kontakte mit anderen Jungs, kameradschaftlich, sehr streng getrennt von meinem (damals immer „unglücklichen“) Verliebtsein in Mädchen - keine romantischen oder tieferen Gefühle.
Als sich dann auch Mädchen / Frauen in mich verliebten, ich Beziehungen zu Frauen hatte, zeitweise verheiratet war, habe ich meine homosexuellen Neigungen manchmal über lange Perioden verdrängt, und wenn das nicht mehr klappte, sie heimlich durch flüchtige anonyme Sexkontakte mit Männern befriedigt.
Das heißt, ich habe zuerst so geheime anonyme Treffpunkte heimlich besucht (nächtliche Parks, FKK- Gelände, Sauna) später dann auch im Internet Kontakt aufgenommen. Vertrauen und Sympathie wünsche ich mir dabei natürlich auch, aber keinesfalls „mehr“ das körperliche Begehren, die Erregung und Befriedigung steht bei den gleichgeschlechtlichen Intimitäten im Vordergrund.
Das ist auch mit ein Grund, warum ich mich nicht oute, und seit fast 30 Jahren insoweit ein Doppelleben führe. Ich habe selbst ein schlechtes Gewissen bei diesem „puren Sex“ - und geniere mich fast, es hier in dieser Community zuzugeben, wo auch Frauen davon lesen, denn ich schätze mal, DAFÜR haben Frauen (auch lesbische oder bisexuelle) nur Verachtung übrig.
Naja - das reicht erst mal als Vorstellung, ich werde später wahrscheinlich noch mehr darüber schreiben, wie es mir damit geht und ergangen ist, jetzt bin ich erst mal gespannt, was es hier auf LLL an Verständnis und Unverständnis, Ablehnung und vielleicht doch auch „Wiedererkennen“ angesichts einer solchen Gespaltenheit gibt.