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ges. Mac
Wieso?
Wieso?
Wer bin ich? - Wer? Bi? Ich?
Hallo zusammen,
ich bin 17, in einem Monat 18 Jahre alt und seit einiger Zeit beschäftigt mich die Frage, ob ich vielleicht bi sein könnte. Ich denke, um das ganze Wirrwarr meines (Liebes-)Lebens zu erklären, fange ich am besten ganz vorne an. Also, vielleicht hört sich das ein wenig überraschend an, aber meine ersten sexuellen Erfahrungen habe ich in der Grundschule gemacht. Ich hatte damals eine beste und eine weitere sehr enge Freundin, mit denen ich immer wieder eine Art Rollenspiel gespielt habe. Ich war damals meistens der Mann/Prinz etc. und das Ganze ging über Küssen bis hin zum gegenseitigen Streicheln und Aneinander-Reiben. Damals habe ich auch meinen ersten Orgasmus erlebt. Danach war erstmal Flaute bis ich mich mit 12 Jahren heftig in einen drei Jahre älteren Jungen verliebt habe. Diese Schwärmerei hielt zwei ganze Jahre an, führte aber nie zu mehr. Obwohl ich meine Tage schon mit 11 Jahren bekommen und schnell frauliche Formen entwickelt habe, habe ich dann mit 14/15 Jahren meine körperliche und sexuelle Entwicklung erstmal auf Eis gelegt, denn ich bin Hals über Kopf in eine Magersucht hineingerasselt. Ich habe mich soweit hinuntergehungert, dass ich im Krankenhaus gelandet bin und erst nach fünf Wochen dort und danach nochmal elf Wochen in der Psychiatrischen Klinik wieder nach Hause durfte. Seit diesem Zeitpunkt bin ich in ambulanter Psychotherapie.
Während meiner Zeit in der Klinik fand ich Anschluss an eine Mädchengruppe, in der entgegen meiner bisherigen Erfahrungen in Mädchenfreundschaften (die „Spiele“ in der Grundschule einmal ausgenommen) ein ständiger Körperkontakt und Austausch an Zärtlichkeiten herrschte. Ich empfand das damals als sehr angenehm und fühlte mich das erste Mal richtig angenommen. Besonders zwei Mädchen, die beide ein knappes Jahr älter waren als ich, nahmen sich meiner an und wurden so etwas wie meine Mentorinnen. Bei ihnen fühlte ich mich beschützt und behütet.
Nachdem ich ungefähr ein halbes Jahr wieder zu Hause war, ging meine Klasse Ende der 10. Klasse auf Klassenfahrt nach Berlin. Ich hatte mich in der 8. Klasse mit einem Mädchen angefreundet, mit dem ich bisher kaum in Berührung gekommen war. Doch wir verstanden uns wider Erwarten immer besser und unsere Freundschaft wurde richtig eng, als ich aus der Klinik zurückkam. Dieses Mädchen ist eine nach außen sehr sicher wirkende Persönlichkeit, die ihre eigenen Probleme nur nicht zeigt (aber davon später mehr). Fasziniert von dieser Sicherheit und von der Clique der „coolen Kids“, zu der sie gehörte, „hängte“ ich mich sehr an diese Freundin und machte ihr zu ihrem 16. Geburtstag ein sehr aufwendiges und liebevoll gestaltetes Geschenk. All dies führte dazu, dass sie sich von mir eingeengt fühlte und mir in Berlin sehr deutlich signalisierte, dass sie mich zwar gern habe, aber ihre Freiheit konnte. Ich musste das erstmal verdauen, konnte es aber letztendlich annehmen. In diesem Zusammenhang erzählte sie mir zum ersten Mal, dass sie und ihre Freunde den Verdacht hätten, ich sei in sie verliebt – was nicht stimmte. Das ironische an dieser Situation ist nun, dass sich genau diese Freundin vor ungefähr einem halben Jahr nach einer schwierigen Zeit der Identitätssuche mir gegenüber als lesbisch geoutet hat. Nach einer Zeit, in der unsere Freundschaft reibungslos verlief, kam es vergangenen Oktober auf unserer Studienfahrt in Rom zu einer Wiederholung der Situation in Berlin – die Freundin fühlte sich von mir erneut eingeengt. Für mich war das damals nur schwer zu akzeptieren, auch wenn ich jetzt im Nachhinein sehen kann, dass ich wirklich zu sehr „geklammert“ habe. Aber nach einiger Zeit der Funkstille ist unser Verhältnis heute so eng und entspannt wie noch nie – auch weil ich inzwischen selbst mehr Selbstsicherheit besitze.
Während des 18. Geburtstags meines Kumpels fiel dann der Satz, der meine ganze Tirade hier letztlich auslöste. Besagte Freundin, ich und noch ein gemeinsamer Freund – wir saßen zusammen und redeten. Auf mein Statement hin, dass ich bisher noch nie in einer Beziehung war und noch nicht einmal geküsst hatte (bis auf die „Spiele“ in der Grundschule, aber die zählen meiner Meinung nicht, und die Avancen eines schon etwas angetrunkenen Tanzpartners in der Disco, die ich aber aus einem Impuls heraus abwies), dass er sich mich sowohl mit Männern als auch Frauen vorstellen könne. Ja und seitdem ging mir dieser Satz nicht mehr aus dem Kopf. Ich kann beherzt sagen, dass ich mich von Männern angezogen fühle – es sind die Frauen, bei denen ich mir unsicher bin. Ich habe definitiv eine Sensibilität für weibliche Körper (wahrscheinlich auch wegen meiner Magersucht) und finde sehr viele Frauen anziehend. Nachdem ich mich auf diesen Gedanken eingelassen habe, habe ich sogar sexuelle Fantasien mit konkreten Frauen entwickelt und habe festgestellt, dass ich ein totales Faible für Frauen mit muskulösen Waden habe. Außerdem wurde mir bewusst, dass ich einen ganz bestimmten Typ Frau attraktiv finde. Es sind sehr starke Frauen, gegenüber denen ich die „Zarte“ sein kann. Deswegen frage ich mich, ob ich nur eine beste Freundin suche – die ich nach der Grundschule nie mehr hatte, weil meine damalige beste Freundin wegzog – und die Art von ungezwungenen Zärtlichkeiten, die gute Freundinnen so oft austauschen, die ich aber in meinen Mädchenfreundschaften nur sehr selten hatte oder ob da „mehr“ ist. Ich muss dazu sagen, dass LGBT in meinem Bekanntenkreis keine Seltenheit ist, ich also nicht mit Ablehnung zu rechnen hätte.
Mit dieser Frage im Hinterkopf erwischte ich mich vergangene Woche dabei, wie ich auf Pinterest plötzlich nach „Bisexualität“ suchte. Und siehe da, was ich dort und auch auf einschlägigen Seiten im Internet las, fühlte sich irgendwie einfach richtig an. In einem Anflug von Übermut lackierte ich mir sogar die Fingernägel in den Farben der Bi-Flagge und fühlte mich dabei so gut wie lange nicht mehr. Vorgestern Abend erzählte ich dann meiner Mutter von meinen Gedanken. Auch wenn sie vorgab meine Verwirrung zu verstehen, konnte ich hinter ihren Worten doch die typischen Vorurteile heraushören: „Wie willst du das ohne sexuelle Erfahrungen wissen?“ und „Das ist doch nur eine Phase!“. Natürlich frage ich mich, ob ich wirklich ohne sexuelle Erfahrungen wissen kann, ob ich bi bin. Aber irgendwie sagt ein leises Stimmchen in meinem Kopf „Ja“. Und warum sollte ich sonst so eine starke Abneigung gegen diesen Satz „Es ist nur eine Phase!“ empfinden...Also nahm ich heute all meinen Mut zusammen und schilderte meine Situation genau dieser lesbischen Freundin, von der ich bereits erzählte. Ihre Antwort: „Klingt blöd, aber ich habe es mir schon fast gedacht…Und es ist ja auch absolut nicht schlimm, dass du darüber vielleicht echt mega verwirrt bist. ich meine, wir bekommen ja von Kind auf das typische Rollen- und Familienbild gezeigt. Sieh es doch mal so rum: Wer sagt denn, dass du ohne sexuelle Erfahrungen behaupten kannst, du seist 100% hetero. Ich glaube es kommt ja immer auf den Menschen an. Und ich finde es cool, dass du das zulässt und mit mir da jetzt einfach drüber schreibst. Und dass du dich dabei wohl fühlst oder zumindest si wie du selbst. Geh deinen Weg, probier es aus. Und ich werde dir gerne bei Seite stehen!“
Ich glaube dieser Text von ihr ist ein ganz gutes Schlusswort. Ich werde ihrem Rat folgen und einfach mal alle „Überzeugungen“ in den Wind schießen. Ma sehen was so passiert – ich werde euch auf dem Laufenden halten.
Eure Elena
Letzte Aktualisierung ( Mittwoch, 18. Mai 2022 um 10:07 )
ich bin 17, in einem Monat 18 Jahre alt und seit einiger Zeit beschäftigt mich die Frage, ob ich vielleicht bi sein könnte. Ich denke, um das ganze Wirrwarr meines (Liebes-)Lebens zu erklären, fange ich am besten ganz vorne an. Also, vielleicht hört sich das ein wenig überraschend an, aber meine ersten sexuellen Erfahrungen habe ich in der Grundschule gemacht. Ich hatte damals eine beste und eine weitere sehr enge Freundin, mit denen ich immer wieder eine Art Rollenspiel gespielt habe. Ich war damals meistens der Mann/Prinz etc. und das Ganze ging über Küssen bis hin zum gegenseitigen Streicheln und Aneinander-Reiben. Damals habe ich auch meinen ersten Orgasmus erlebt. Danach war erstmal Flaute bis ich mich mit 12 Jahren heftig in einen drei Jahre älteren Jungen verliebt habe. Diese Schwärmerei hielt zwei ganze Jahre an, führte aber nie zu mehr. Obwohl ich meine Tage schon mit 11 Jahren bekommen und schnell frauliche Formen entwickelt habe, habe ich dann mit 14/15 Jahren meine körperliche und sexuelle Entwicklung erstmal auf Eis gelegt, denn ich bin Hals über Kopf in eine Magersucht hineingerasselt. Ich habe mich soweit hinuntergehungert, dass ich im Krankenhaus gelandet bin und erst nach fünf Wochen dort und danach nochmal elf Wochen in der Psychiatrischen Klinik wieder nach Hause durfte. Seit diesem Zeitpunkt bin ich in ambulanter Psychotherapie.
Während meiner Zeit in der Klinik fand ich Anschluss an eine Mädchengruppe, in der entgegen meiner bisherigen Erfahrungen in Mädchenfreundschaften (die „Spiele“ in der Grundschule einmal ausgenommen) ein ständiger Körperkontakt und Austausch an Zärtlichkeiten herrschte. Ich empfand das damals als sehr angenehm und fühlte mich das erste Mal richtig angenommen. Besonders zwei Mädchen, die beide ein knappes Jahr älter waren als ich, nahmen sich meiner an und wurden so etwas wie meine Mentorinnen. Bei ihnen fühlte ich mich beschützt und behütet.
Nachdem ich ungefähr ein halbes Jahr wieder zu Hause war, ging meine Klasse Ende der 10. Klasse auf Klassenfahrt nach Berlin. Ich hatte mich in der 8. Klasse mit einem Mädchen angefreundet, mit dem ich bisher kaum in Berührung gekommen war. Doch wir verstanden uns wider Erwarten immer besser und unsere Freundschaft wurde richtig eng, als ich aus der Klinik zurückkam. Dieses Mädchen ist eine nach außen sehr sicher wirkende Persönlichkeit, die ihre eigenen Probleme nur nicht zeigt (aber davon später mehr). Fasziniert von dieser Sicherheit und von der Clique der „coolen Kids“, zu der sie gehörte, „hängte“ ich mich sehr an diese Freundin und machte ihr zu ihrem 16. Geburtstag ein sehr aufwendiges und liebevoll gestaltetes Geschenk. All dies führte dazu, dass sie sich von mir eingeengt fühlte und mir in Berlin sehr deutlich signalisierte, dass sie mich zwar gern habe, aber ihre Freiheit konnte. Ich musste das erstmal verdauen, konnte es aber letztendlich annehmen. In diesem Zusammenhang erzählte sie mir zum ersten Mal, dass sie und ihre Freunde den Verdacht hätten, ich sei in sie verliebt – was nicht stimmte. Das ironische an dieser Situation ist nun, dass sich genau diese Freundin vor ungefähr einem halben Jahr nach einer schwierigen Zeit der Identitätssuche mir gegenüber als lesbisch geoutet hat. Nach einer Zeit, in der unsere Freundschaft reibungslos verlief, kam es vergangenen Oktober auf unserer Studienfahrt in Rom zu einer Wiederholung der Situation in Berlin – die Freundin fühlte sich von mir erneut eingeengt. Für mich war das damals nur schwer zu akzeptieren, auch wenn ich jetzt im Nachhinein sehen kann, dass ich wirklich zu sehr „geklammert“ habe. Aber nach einiger Zeit der Funkstille ist unser Verhältnis heute so eng und entspannt wie noch nie – auch weil ich inzwischen selbst mehr Selbstsicherheit besitze.
Während des 18. Geburtstags meines Kumpels fiel dann der Satz, der meine ganze Tirade hier letztlich auslöste. Besagte Freundin, ich und noch ein gemeinsamer Freund – wir saßen zusammen und redeten. Auf mein Statement hin, dass ich bisher noch nie in einer Beziehung war und noch nicht einmal geküsst hatte (bis auf die „Spiele“ in der Grundschule, aber die zählen meiner Meinung nicht, und die Avancen eines schon etwas angetrunkenen Tanzpartners in der Disco, die ich aber aus einem Impuls heraus abwies), dass er sich mich sowohl mit Männern als auch Frauen vorstellen könne. Ja und seitdem ging mir dieser Satz nicht mehr aus dem Kopf. Ich kann beherzt sagen, dass ich mich von Männern angezogen fühle – es sind die Frauen, bei denen ich mir unsicher bin. Ich habe definitiv eine Sensibilität für weibliche Körper (wahrscheinlich auch wegen meiner Magersucht) und finde sehr viele Frauen anziehend. Nachdem ich mich auf diesen Gedanken eingelassen habe, habe ich sogar sexuelle Fantasien mit konkreten Frauen entwickelt und habe festgestellt, dass ich ein totales Faible für Frauen mit muskulösen Waden habe. Außerdem wurde mir bewusst, dass ich einen ganz bestimmten Typ Frau attraktiv finde. Es sind sehr starke Frauen, gegenüber denen ich die „Zarte“ sein kann. Deswegen frage ich mich, ob ich nur eine beste Freundin suche – die ich nach der Grundschule nie mehr hatte, weil meine damalige beste Freundin wegzog – und die Art von ungezwungenen Zärtlichkeiten, die gute Freundinnen so oft austauschen, die ich aber in meinen Mädchenfreundschaften nur sehr selten hatte oder ob da „mehr“ ist. Ich muss dazu sagen, dass LGBT in meinem Bekanntenkreis keine Seltenheit ist, ich also nicht mit Ablehnung zu rechnen hätte.
Mit dieser Frage im Hinterkopf erwischte ich mich vergangene Woche dabei, wie ich auf Pinterest plötzlich nach „Bisexualität“ suchte. Und siehe da, was ich dort und auch auf einschlägigen Seiten im Internet las, fühlte sich irgendwie einfach richtig an. In einem Anflug von Übermut lackierte ich mir sogar die Fingernägel in den Farben der Bi-Flagge und fühlte mich dabei so gut wie lange nicht mehr. Vorgestern Abend erzählte ich dann meiner Mutter von meinen Gedanken. Auch wenn sie vorgab meine Verwirrung zu verstehen, konnte ich hinter ihren Worten doch die typischen Vorurteile heraushören: „Wie willst du das ohne sexuelle Erfahrungen wissen?“ und „Das ist doch nur eine Phase!“. Natürlich frage ich mich, ob ich wirklich ohne sexuelle Erfahrungen wissen kann, ob ich bi bin. Aber irgendwie sagt ein leises Stimmchen in meinem Kopf „Ja“. Und warum sollte ich sonst so eine starke Abneigung gegen diesen Satz „Es ist nur eine Phase!“ empfinden...Also nahm ich heute all meinen Mut zusammen und schilderte meine Situation genau dieser lesbischen Freundin, von der ich bereits erzählte. Ihre Antwort: „Klingt blöd, aber ich habe es mir schon fast gedacht…Und es ist ja auch absolut nicht schlimm, dass du darüber vielleicht echt mega verwirrt bist. ich meine, wir bekommen ja von Kind auf das typische Rollen- und Familienbild gezeigt. Sieh es doch mal so rum: Wer sagt denn, dass du ohne sexuelle Erfahrungen behaupten kannst, du seist 100% hetero. Ich glaube es kommt ja immer auf den Menschen an. Und ich finde es cool, dass du das zulässt und mit mir da jetzt einfach drüber schreibst. Und dass du dich dabei wohl fühlst oder zumindest si wie du selbst. Geh deinen Weg, probier es aus. Und ich werde dir gerne bei Seite stehen!“
Ich glaube dieser Text von ihr ist ein ganz gutes Schlusswort. Ich werde ihrem Rat folgen und einfach mal alle „Überzeugungen“ in den Wind schießen. Ma sehen was so passiert – ich werde euch auf dem Laufenden halten.
Eure Elena
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10: Richtig oder falsch... > |
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