Das war ein schlimmer und gleichzeitig schöner Abend... und in meinem Kopf überschlägt sich alles noch mehr als zuvor...! Ich musste erst mal darüber schlafen, nachdenken um alles in die richtigen Worte zu fassen...
In der Arbeit hatte ich zum Glück viel zutun, weshalb ich nicht den ganzen Tag an das bevor stehende Treffen gedacht habe. Zum Ende hin, hab ich aber dann doch ständig auf die Uhr gesehen und nervös nach draußen geschaut. Ich war schrecklich aufgeregt und dann... stand er auf einmal draußen, schaute zu mir und lächelte mich an. Ich kann nicht erkären, was ich empfunden habe in diesem Moment, denn mir war vor lauter Aufregung so schlecht...! Wir verhielten uns ein bißchen wie schüchterne Teenager, alles war etwas steif; klar, denn keiner von uns wusste, wie er sich verhalten sollte in dieser Situation...
Ich schlug Sebastian vor spazieren zu gehen, da wir jetzt gerade eh nichts zu essen runter bekommen hätten. So liefen wir also Richtung Strandbad und schlenderten am Fluß entlang, eine gefühlte Ewigkeit. Irgendwann hielt ich das Schweigen nicht mehr aus, blieb stehen, schaute ihn direkt an und hoffte nichts falsches zu sagen.
"Was ist los mit uns?" "Ich weiß es nicht, Mel." "Warum kann es nicht so sein, wie früher?" "So schlimm?" "Für dich nicht? Ich weiß nicht, was ich denken oder fühlen soll. Ich bin total durcheinander. So kenn ich mich einfach nicht, Sebastian." "Mir geht es doch genauso..." "Du siehst aber nicht so aus. Warum bist du so ruhig?"
Dann hat er gelächelt und meinte, weil er inzwischen einen Schritt weiter sei als ich. Weil er es aufgegeben hatte, gegen seine Gefühle anzukämpfen. Er war es leid gewesen, immer nach dem Warum zu fragen: Warum kein Mann? Warum eine Frau? Warum seine beste Freundin? Warum jetzt, nach so langer Zeit? Warum er...?
"Ich hab mich in dich verliebt, Mel. Und du weißt, dass ich sowas nur sage, wenn ich mir ganz sicher bin. Ich weiß, nicht warum ich diese Gefühle für dich habe, aber ich bereu sie auch nicht, denn es ist nicht falsch zu lieben."
Und genau in dem Moment bin ich durchgedreht. Irgendwas in mir hat klick gemacht und ich wurde panisch.
"Das geht nicht! Du bist schwul, ich lesbisch, dass kann nicht sein...!" "Hör auf, uns in gesellschaftliche Schubladen zu stecken! Nur weil wir für uns entschieden haben, so zu leben, heißt das nicht, dass wir uns nicht weiter entwickeln dürfen! Gefühle ändern sich nun mal, daran kannst du nichts ändern... und ich auch nicht."
Mir entglitt alles, ich fühlte mich sowas von überfordert, setzte mich ins Gras und fing einfach an zu weinen. Diese ganze Situation lag so tonnenschwer auf meinen Schultern und ich fühlte mich so schrecklich schwach. Sebastian setzte sich zu mir, nahm mich nach kurzem Zögern in den Arm. Wir küssten uns und es war genauso wie damals vor 6 Monaten. Es war schön, ungewoht, fühlte sich aber nicht falsch an.
Sebastian entschuldigte sich, dass er mich so überforderte, wollte aber ehrlich zu mir sein, so wie sonst auch. Ich entschied mich auch für die Wahrheit, denn eine andere Möglichkeit hatte ich eh nicht mehr.
"Ich empfinde auch etwas für dich... Ich weiß nicht, was. Ich weiß nur, dass es anders ist, als vor dem Kuss..." "Weiß Sabine davon...?" Ich sagte nein. Der Gedanke an meine Frau tat mir unendlich weh. Ich konnte sie nicht so sehr verletzen, aber mich verstellen auch nicht. Ich musste mit ihr reden, aber wann und wie...?!
Sebastian und ich redeten noch ein bißchen über belangloses. Es tat gut, einfach so zu reden wie früher, beinander zu sein und nicht daran zu denken, was vor einem lag. Ich weiß ja nicht mal, was auf mich,... uns zukommt. Diese Ungewissheit macht mir irgendwie Angst...
Wir haben uns darauf geeinigt, Kontakt zu halten, aber dass ich zuerst mit Sabine reden muss...
Wir
Wir
Eine Bonusmeile in 10 Teilen